Die Vorrunde war lang und anstrengend und ist gegen Ende November meist endlich vorbei. Alle Spieler freuen sich auf eine wohlverdiente Pause und darauf den leeren Akku wieder aufzuladen.
Während viele Spieler die nächsten 10 Wochen entspannt auf der Couch verbringen und physisch gar nicht aktiv sind, geht es bei anderen nahtlos weiter mit Ausdauerläufen, Krafttraining im Fitnessstudio etc.
Doch wie sieht die richtige Gestaltung der Winterpause aus, um einerseits optimal regenerieren zu können und andererseits das aktuelle Fitnesslevel halten zu können, um in der Wintervorbereitung nicht wieder ‚von vorne anfangen zu müssen‘?
Extreme haben nicht den gewünschten Effekt
Aktuelle Studien haben gezeigt, dass sowohl der Spieler, der seine Winterpause mit notorischem Sportentzug verbringt, als auch der, der quasi keine Pause hat, deutlich weniger leistungsfähig sind als Spieler, die eine Mischung aus beidem bevorzugen.
Konkret bedeutet das, dass man auf keinen Fall gar nichts machen sollte aber auf der anderen Seite dem Körper auch eine klare Pause geben sollte.
Komplette Inaktivität
Widmen wir uns zunächst dem Spieler, der vom letzten Vorrundenspiel bis zum ersten Training in der Wintervorbereitung nicht mehr physisch aktiv ist:
In etwa 3 Tage nach der letzten physischen Aktivität (= das letzte Vorrundenspiel oder Training) beginnt der Körper auf die neuen Umweltsignale, die ihm gezeigt werden, zu reagieren: Inaktivität!
Während zuvor alle 2-4 Tage ein neuer Umweltreiz (= Training oder Spiel) auf den Körper eingewirkt hat, wirkt nun kein derartiger Reiz mehr. Der Körper reagiert entsprechend und fängt an alles, was nicht benötigt wird, abzubauen. Darunter fallen Muskeln, Kondition, Bewegungskonzepte, Reaktions- und Adaptionsgeschwindigkeit und vieles mehr – also im Grunde alles, was sich der Spieler in den vielen Wochen davor mühsam angeeignet hat! Mehr dazu gibt’s im Eintrag über Superkompensation.
Entscheidend greifen diese Abbaumechanismen nach ca. 4 Wochen. Das bedeutet, dass man nach 4 Wochen Inaktivität zu spüren beginnt, dass die Leistungsfähigkeit schwindet.
Warum macht der Körper das?
Diese Frage ist relativ einfach zu erklären: Der Körper reagiert grundsätzlich immer auf Reize von außen mit der besten ihm bekannten Anpassung!
Wirkt ein Belastungsreiz (=Training oder Spiel oder eine andere Art von physischer Aktivität) auf den Körper, versucht dieser sich so anzupassen, dass er dem Reiz beim nächsten Mal besser standhalten kann. Ein gutes Beispiel sind hier Sprints. Zu Beginn der Vorbereitung ist jeder Sprint eine Überwindung und im Anschluss braucht man eher lange, um sich zu erholen. Am Ende der Vorbereitung, nachdem bereits einige hundert Sprints absolviert worden sind und der Körper sich entsprechend angepasst hat, ist die Überwindung minimal und derselbe Sprint wirkt weniger anstrengend.
Die beste dem Körper bekannte Anpassung ist die Verbesserung aller Leistungsparameter, die für einen Sprint erforderlich sind (Schnellkraft, Explosionskraft, Kraftausdauer, Schnelligkeit, Bewegungsrhythmus etc.)
Derselbe Mechanismus wirkt natürlich auch in negativer Art und Weise, wie in unserem Beispiel der körperlichen Inaktivität:
Wird dem Körper kein Reiz signalisiert (=kein Training oder Spiel oder körperliche Aktivität allgemein), so passt er sich entsprechend bestmöglich an, indem er alle überflüssigen Gewebe abbaut. Wozu sollte man auch einen gut ausgebildeten Muskel oder ein hohes Lungenvolumen aufrechterhalten (das erfordert deutlich mehr Energie), wenn es nicht benötigt wird (es findet ja kein Training oder Spiel statt) ? Die logische Konsequenz ist der Abbau des unnötigen Gewebes. Übrigens findet ein ähnlicher Prozess im Gehirn statt: Wird ein Bewegungsmuster für längere Zeit nicht gebraucht, gerät es in Vergessenheit und muss erst durch neues Erlernen wieder aktiviert werden. Dieses ‚Phänomen‘ spüren vielen Kicker im ersten Training, wenn die einfachsten Passroutinen nicht klappen wollen.
Keine Pause
Manche Spieler wollen auf gar keinen Fall ihre Fitness über die Winterpause verlieren und gehen deshalb nach der letzten Einheit nahtlos in ein selbst angeleitetes Training über. Das beinhaltet meist Ausdauerläufe und Krafttraining im Fitnessstudio.
Gegenüber dem körperlich komplett inaktiven Spieler hat diese Gestaltung der Winterpause natürlich den klaren Vorteil, dass die katabolen (=abbauenden) Prozesse nicht einsetzen und das Fitnesslevel gehalten wird.
Jedoch haben Studien einen Zusammenhang zwischen erhöhter Verletzungsanfälligkeit und einer zu kurzen Regenerationszeit nach der Vorrunde finden können. Konkret bedeutet das, dass Spieler, die nach der Saison keine Pause einlegen, ein erhöhtes Risiko haben sich in der Vorbereitung zu verletzen. Die genauen Mechanismen für diesen Zusammenhang konnten bisher noch nicht genau herausgestellt werden. Es wird jedoch vermutet, dass dieser Zusammenhang durch eine Überbelastung infolge einer nicht vorhandenen Pause entsteht.
Keine Pause zu machen führt also auch nicht zum Ziel.
Die richtige Belastung in der Pause
Wir haben bisher festgestellt, dass komplette Inaktivität während der Winterpause und überhaupt keine Pause machen nicht empfehlenswert sind. Doch wie sieht die richtige Gestaltung der Pause aus?
Wir empfehlen nach der letzten Einheit der Vorrunde eine radikale Pause von mindestens 2 Wochen einzulegen. Besser wären 3 Wochen. In dieser Zeit sollte der Körper keinerlei körperlicher Aktivität – welcher Art auch immer – ausgesetzt sein! Diese Zeit ist notwendig, um vollständig von den Strapazen der Vorrunde regenerieren zu können. Wie wir oben gelernt haben, setzen zwar bereits nach ein paar Tage abbauende Prozesse ein, diese werden jedoch erst nach ca. 4 Wochen spürbar. Das bedeutet, dass man sich ganz ohne schlechtes Gewissen und negative Auswirkungen 2 oder 3 Wochen Pause gönnen kann. Auch psychologisch betrachtet ist dieser Zeitraum optimal, um genug Abstand zum Fußball zu gewinnen und anschließend wieder mit mehr Spaß und Freude herangehen zu können.
Im Anschluss an die 3 Wochen Pause ist es wichtig alle für einen Fußballer entscheidenden Parameter zu trainieren, um sein Fitnesslevel halten zu können. In unseren Berichten über Grundlagenausdauer, Energiebereitstellung im Fußball und Sprinter vs. Dauerläufer gehen wir genauer auf diese Themen ein.
Beim Erhaltungstraining reichen grundsätzlich zwei Läufe pro Woche und jeweils eine Einheit Core und Kraftausdauer für die Beine aus. Natürlich ist das auch abhängig vom Leistungsniveau des Spielers: Ein Oberligaspieler benötigt eine höhere Reizdichte und -intensität (=mehr Einheiten und intensivere Einheiten), als ein Kreisklassenspieler.
Wir hoffen Dir mit diesem Eintrag eine generelle Anleitung an die Hand gegeben haben zu können, mit dir Du Deine eigene Winterpause oder die Pause Deiner Spieler sinnvoll gestalten kannst!
Schreibe Deine Fragen und Anregungen gerne wie immer in die Kommentare!
Alex Delpy