Ausdauer ist vermutlich der konditionelle Aspekt im Fussball, der sich in den letzten Jahrzehnten am stärksten verändert hat. In diesem Artikel erfährst du, wie modernes und effektives Fussball Ausdauertraining aussieht und welche Übungen du am besten verwendest, um bei deinen Spielern den maximalen Effekt mit dem richtigen Ausdauertraining zu erzielen.
Ausdauer im Fussball im Wandel der Zeit
Zu Zeiten Beckenbauer’s war es ganz normal, dass sich nur der Spieler bewegt hat, der den Ball hatte. Sieht man sich den ein oder anderen WM-Klassiker mal an, könnte man sich versehentlich schon mal an ein modernes AH-Spiel erinnern (natürlich nur auf Ausdauer und Athletik bezogen und nicht auf die spielerische Klasse…)
Vergleicht man die heutigen Anforderungen der Profis und Amateure mit den Anforderungen von vor 30 Jahren, wird schnell klar, dass sich hier extrem viel getan hat:
- Spieler legen viel mehr Strecke in hohem und höchstem Tempo zurück.
- Spieler haben eine höhere Anzahl an Sprints in höchstem Tempo.
- Die durchschnittlichen Spitzengeschwindigkeiten pro Position und Sprint sind höher.
- Die Regenerationszeit zwischen den einzelnen Sprints ist deutlich geringer.
- Die in moderatem Tempo zurückgelegte Strecke ist deutlich niedriger (dieser Trend ist bei den Profis noch extremer).
- Die Zeit, die ein Spieler mit dem Ball am Fuß läuft hat sich in den letzten 50 Jahren gar halbiert!
Standard-Methoden des Ausdauertraining im Fussball
Doch nicht nur die Anforderungen an die Spieler haben sich im Laufe der Zeit verändert. Auch das Ausdauertraining im Fussball hat sich in den letzten Jahrzehnten bereits stark geändert.
Ausdauertraining im Fussball in den 80ern und 90ern
Bis vor gar nicht so langer Zeit (und obwohl sich die Anforderungen an den Fussball schon längst geändert hatten) sah das Ausdauertraining bei Amateuren und Profis so aus:
In der Vorbereitung wurde erst einmal Grundlagenausdauer trainiert. Dabei fuhr der Traktor (oder Trainer auf dem Fahrrad) vorne weg und alle Spieler liefen stundenlang in derselben Geschwindigkeit hinten nach. Kein Tempowechsel, keine Pause, sondern der klassische Ausdauerlauf im Grundlagenausdauerbereich (GLA II). Gerne (und leider sieht man das bei vielen Amateuren heute immer noch!) wurde auch der Lauf in den Wald verlegt, weil stundenlanges Rundenlaufen ja recht langweilig ist.
So mancher Verein macht sogar Wandertouren, Fahrradausflüge oder Spinning-Einheiten im Fitnessstudio, um etwas Abwechslung in’s unbeliebte Ausdauertraining im Fussball zu bringen.
Doch genau hier lagen und liegen immer noch die Fehler begraben, die die Ausdauer deiner Spieler nur bedingt steigern und nebenbei noch einige für Fussballer extrem schädliche Nebeneffekte haben:
Ausdauertraining im falschen Belastungsbereich
Da sich die Anforderungen an Fussballer im Ausdauertraining so dramatisch geändert haben, bringt ein Training für den Grundlagenausdauerbereich keine bzw. nur eine sehr geringe Leistungssteigerung Im Bereich Ausdauer mit sich. Denn ein Ausdauertraining im Bereich der Grundlagenausdauer (sei es GLA I mit Puls von 120-140 oder GLA II mit Puls von 140-160) trainiert im falschen Belastungsbereich. Vor 30 Jahren war dies bei vielen Spielern der überwiegende Bereich, in dem sie aktiv waren. Wie die moderne Trainingswissenschaft aber immer wieder zeigt, arbeiten Fussballer – nicht nur Profis, sonder auch Amateure – heutzutage überwiegend im Submaximalen Bereich (Puls von 160-180) und damit wird ganze einfach der falsche Bereich trainiert.
Um das Ganze etwas anschaulicher dazustellen, möchte ich es dir gerne an einem Beispiel aus der Schule anschaulicher darstellen:
In 4 Wochen findet ein wichtiger Mathe-Test statt. In den 4 Wochen vor dem Test lernst du jeden Tag einige Stunden mathematische Formeln und Funktionen und fühlst dich gut, weil du viel Arbeit in die Vorbereitung gesteckt hast. Am Tag des Tests jedoch fällt dir auf, dass du fast keine Frage richtig beantworten kannst und du wunderst dich, woran es liegt, denn schließlich hast du dich ja auf einen mathematischen Test vorbereitet. Im Nachhinein wird dir klar, dass du dich falsch vorbereitet hast, denn der Test ging über die Grundlagen der Geometrie und du hast dich 4 Wochen lang auf die Grundlagen der Algebra vorbereitet.
Zwar hast du im Test keine 6 geschrieben, weil du trotzdem etwas wusstest. Allerdings warst du von einer 1 weit entfernt…
Und genauso verhält es sich mit dem Ausdauertraining im Fussball: Wenn du deine Spieler 4 Wochen lang im falschen Belastungsbereich trainieren lässt, brauchst du dich nicht wundern, wenn sie beim Test (Saisonspiel) dann den wirklich entscheidenden Belastungsbereich (Geometrie) nicht mitgehen können (weil sie ja Algebra gelernt haben).
Kein fussball-spezifisches Ausdauertraining
Und dieser Aspekt lässt sich auch noch weiter ausdehnen. Denn nicht nur läufst du Gefahr, mit den falschen Trainingsübungen für Ausdauer im Fussball im falschen Belastungsbereich zu arbeiten. Du läufst auch Gefahr nicht fussballspezifisch zu arbeiten.
Nehmen wir mal das Beispiel von oben: Spinning. Zur Abwechslung gehst du mit deinen Spielern ins Fitnessstudio und lässt sie 60 Minuten mit der übermotivierten Fitnesstrainerin auf dem Spinning-Rad schwitzen. Danach bist du froh, dass sich deine Spieler keine weiteren Sprüche über mangelnde Fitness von ihr anhören müssen und du freust dich, dass deine Spieler was für ihre Ausdauer getan haben.
Nehmen wir mal an, dass die Spinning-Einheit im richtigen Belastungungsbereich war und auch Intervalle eingestreut wurden. Deine Spieler schaffen es aber dennoch nicht, die Spinning-Einheit „auf den Platz zu bringen“. Am falschen Belastungsbereich kann es nicht liegen, also woran sonst?
Die Antwort liegt in der Spezifität des Trainings bzw. des Trainingsreizes, der auf deine Spieler trifft. Grob gesagt hast du deine Spieler mit dem Spinning in eine andere Sportart gesteckt und die darin trainierten positiven Aspekte (selbst wenn sie noch so gut sind), lassen sich nur sehr bedingt auf eine andere Sportart übertragen.
Vor allem liegt das an der sog. Bewegungs-Spezifität, die für jede Sportart individuell ist. Im Fussball beispielsweise müssen die Muskeln und Gelenke andere Bewegungsmuster kennen (und vor allem meistern!) als im Spinning. Im Fussball sind das überwiegend Sprünge (jeder Lauf besteht aus einer Aneinanderreihung von Sprüngen), Richtungswechsel und Ballaktionen (Pässe oder Schüsse). In der Sportwissenschaft nennt man das Bewegungsprofil auch azyklisch, also sich ständig ändernd. Im Spinning dagegen besteht das Bewegungsprofil aus derselben gleichbleibenden Bewegung der beiden Hüften und Knie, die typisch für das Radfahren ist, die Bewegung ist also zyklisch.
Konkret bedeutet das, dass die Muskeln und Gelenke beim Spinning anders belastet werden als beim Fussball und dieser Trainingseffekt nicht übertragen werden kann.
Außerdem spielen hier Gewohnheitseffekte bzw das Trainingsniveau ebenfalls eine große Rolle: Ein Fussballer wird beim Spinning sehr wahrscheinlich Anfänger sein, während er beim Fussball weiter fortgeschritten ist, also die Bewegungen und Anforderungen bereits im Körper abgespeichert hat.
Um im Fussball den richtigen Ausdauerreiz zu erreichen muss also anders trainiert werden als im Spinning.
Faserverschiebung durch falsches Ausdauertraining
Eine weitere Gefahr durch falsches Ausdauertraining im Fussball lauert in der irreversiblen Faserverschiebung durch falsches Training! Da ich diese Thematik in einem anderen Blogbeitrag bereits ausgiebig vorgestellt habe, möchte ich hier nur kurz darauf eingehen:
Entscheidend sind im Fussball die kurzen aber hohen Leistungsspitzen und eine schnelle Regeneration. Für diese Leistungsspitzen muss in so kurzer Zeit wie möglich so viel Energie wie möglich aufgebracht werden, um so schnell wie möglich Laufen zu können. Dafür benutzt der Körper schnell zuckende, weiße Muskelfasern (=Fast-Twitch-Fasern). Diese Fasern trainierst du bei deinen Spielern durch Sprints, Spielformen und alles wodurch der Muskel eine kurze Zeit lang maximal ausgelastet wird.
Wenn du deine Spieler hingegen für eine Stunde in den Wald zum Ausdauerlauf (oder zum Spinning mit gleichbleibender Geschwindigkeit) schickst, trainierst du genau die andere Art der Muskelfasern: die langsam zuckenden, roten Muskelfasern.
Dadurch machst du deine Spieler zwar grundsätzlich ausdauernder, aber im falschen Bereich (GLA II). Und außerdem wandelst du einige der für Sprints so wichtigen schnell zuckenden Muskelfasern in langsam zuckende um. Dieser prozess ist unumkehrbar! Wenn also einmal die schnell zuckenden Fasern in langsam zuckende umgewandelt sind, gibt es kein zurück mehr…
Aus einem Fussballer lässt sich immer ein Marathonläufer machen, aus einem Marathonläufer aber niemals ein Fussballer.
Extreme Demotivation deiner Spieler durch stupides und langwieriges Ausdauertraining
Bei Umfragen zu den beliebtesten Trainingsinhalten im Amateurfussball findet man jedes mal dieselbe Antwort mit Abstand auf dem letzten Platz: Dauerläufe. Das ist natürlich nichts Neues, aber bietet dir als Trainer die Möglichkeit, das ungeliebte Ausdauertraining im Fussball angenehmer zu gestalten. Dadurch kannst du die Zufriedenheit deiner Spieler steigern und erhöhst die Trainingsbeteiligung. Dadurch wiederum steigerst du die Fitness, das technische und taktische Verhalten, das Zusammengehörigkeitsgefühl, kannst die Mannschaft besser trainieren usw….
Natürlich kann sich das Ganze auch in’s Negative drehen: Wenn du zu viele Dauerläufe einbaust, wird sich die Trainingsbeteiligung in Grenzen halten und mancher Spieler springt dir vielleicht komplett ab. Zumindest aber gibst du der Motivation deiner Spieler einen Dämpfer, wenn du sie ständig mit unbeliebten Trainingsmethoden konfrontierst. Besonders im Amateurfussball solltest du diesen Aspekt nicht unterschätzen, denn einer der Hauptgründe, warum Fussball so beliebt ist, ist der gesellschaftliche Aspekt.
Revolution durch Fartlek-Training und Intervall-Training
Auf der Suche nach neuen Anreizen und von den großen Erfolgen einer neuen Trainingsmethode für Ausdauer im Mittel- und Langstreckenlauf, entdeckte der Fussball schließlich neue Möglichkeiten, die Ausdauer der Spieler über die reine Dauermethode hinaus zu steigern.
Fartlek-Training im Fussball
Bereits 1930 vom schwedischen Nationaltrainer Gösta Holmér für den Mittel- und Langstreckenlauf entwickelt, fand das Fartlek-Training erst viele Jahre später Einzug in das Ausdauertraining im Fussball. In weiten Teilen des Amateur- und Profifussball wurde neben den Dauerläufen nun auch mit Fahrtspielen gearbeitet. Beim Fartlek-Training wird ein normaler Dauerlauf durchgeführt, allerdings wird das Tempo bergab und bergauf verringert bzw. erhöht. Die Geschwindigkeit passt sich quasi dem Untergrund an (Fartlek-Training wurde und wird ausschließlich auf natürlichem Untergrund trainiert). Die Durchschnittsgeschwindigkeit ist bei dieser Ausdauertrainingsform genauso wie bei einem normalen Dauerlauf.
Diese Form des Ausdauertrainings hat den Mittel- und Langstreckenlauf revolutioniert und über viele Jahre hinweg extrem gute Leistungen erzielt. Für den Fussball eignet sich diese Methode dennoch nicht, weil das Grundmuster dieser Methode der Dauerlauf ist und dadurch alle negativen Aspekte des Dauerlaufs auch für das Fartlek-Training zählen.
Abspaltung des Intervall-Trainings
Im Laufe der nächsten Jahre wurde das Fartlek-Training weiterentwickelt, bis sich daraus schließlich das Intervall-Training abgespalten hat. Beim Intervall-Training wurde die Idee des Fartlek-Training mit den wechselnden Geschwindigkeiten auf die Spitze getrieben: Dabei wechseln sich ein Zeitraum mit Belastung und ein Zeitraum mit Erholung ab. Dies kann in unterschiedlichen Verhältnisse stattfinden (1:1, 2:1, 3:1, 1:2, 1:3 usw.).
Diese Form des Ausdauertrainings war dem Fartlek-Training nochmal deutlich überlegen und hat sich durch die Nähe der Belastung zum Fussball schnell integriert.
Bis heute ist die Intervallmethode die effektivste Trainingsmethode für Ausdauertraining im Fussball.
Ausdauertraining im modernen Fussball
Doch die Trainingsmethoden für Ausdauer im Fussball sind nicht beim Intervall-Training stehen geblieben, sondern haben sich auch davon noch weiterentwickelt. Nun untersuchen wir das Belastungsprofil im modernen Fussball und leiten daraus die richtigen Trainingsmethoden für Ausdauertraining im Fussball ab.
Das Ausdauer-Belastungsprofil im modernen Fussball
Wenn wir einen modernen Fussballer betrachten, egal ob Profi oder Amateur, dann sieht dessen Ausdauerbeanspruchung so aus:
- sehr viele Läufe im Regenerationsbereich (Puls bis ca. 140)
- wenige Läufe im aeroben Bereich (Puls 130 – 160)
- sehr viele Läufe im submaximalen Bereich (Puls 160 – 180)
- und viele Läufe in höchstem Tempo (Puls ab ca. 170)
Würde man das Ganze als Graph mit der Anzahl an Ausdauerläufen in der Vertikalen und der Art der Ausdauerläufe in der horizontalen darstellen, sähe man eine U-Form:
Die Mitte, also der aerobe Bereich oder der Bereich zwischen Regeneration und Belastung, wird am seltensten verwendet. Das liegt ganz einfach daran, dass sich der Fussball in den letzten Jahren stark gewandelt hat und viel dynamischer und damit auch anspruchsvoller geworden ist.
Entscheidend im Fussball sind heute die Aktionen in höchstem Tempo und nicht die Anzahl an Kilometer, die ein Spieler pro Spiel zurücklegt – auch wenn Sky und DAZN uns das immer so schön einblenden… Mit dieser Information kann ich persönlich wenig anfangen. Viel interessanter wäre die Info nochmal runtergebrochen auf die Strecke pro Belastungsbereich.
Hier würde man sehen, dass die Tendenz im Profisbereich stark in Richtung Maximaler und Submaximaler Bereich geht. Konkret heißt das, dass Profis viel mehr Sprinten (auch kurze oder sehr kurze Distanzen) und sich danach im Regenerativen Bereich schnell wieder erholen. Der Bereich dazwischen (der Bereich der anaeroben Schwelle – genauso Infos dazu gibt’s hier) fällt immer stärker weg. Bei den Profis ist das natürlich extrem, man betrachte einmal einen Lionel Messi oder einen Neymar, die beinahe bei jeder Aktion im Vollsprint unterwegs sind und durch ihr physische Präsenz (ohne dabei besonders muskulös oder groß zu sein) auf dem Platz den modernen Fussball prägen.
Modernes und effektives Fussball Ausdauertraining
So weit zur Theorie. Nun fragst du dich aber bestimmt, wie du das Ganze konkret auf dem Platz umsetzen kannst. Beim richtigen Ausdauertraining im Fussball musst du, wenn wir uns an obiger Theorie orientieren folgende Dinge beachten:
- Der Ausdauerlauf muss im richtigen Belastungsbereich sein (submaximaler Bereich)
- Der Ausdauerlauf muss das richtige Verhältnis von Belastung zu Entlastung haben
- Der Ausdauerlauf muss fussballspezifisch sein (max Strecke 200m, kurze Sprints dann Erholung)
- Der Ausdauerlauf sollte nicht länger als 40 Minuten dauern
Ausdauertraining im Fussball im richtigen Belastungsbereich
Das richtige Ausdauertraining solltest du an obiger Grafik orientieren, denn so kannst du sicherstellen, dass du deine Spieler in genau dem Belastungsbereich trainierst, in dem sie in den Spielen auch gefordert werden.
Wichtig ist also, dass deine Spieler bei den Läufen im submaximalen oder maximalen Bereich trainieren. Das schaffst du, indem du sie eine gewisse Strecke etwas langsamer als in Bestzeit sprinten lässt – vorsicht: wenn sich einer deiner Spieler ständig bei 100% bewegt, um mit den anderen mithalten zu können, überforderst du diesen Spieler und läufst Gefahr, dass er die Einheit abbrechen muss oder Schlimmeres.
Wenn du also ein Ausdauertraining mit mehreren Läufen auf 100 Meter konstruierst und die Bestzeit deines Spielers 14 Sekunden ist, wäre die Trainingszeit für diese Strecke in etwa 19 Sekunden.
Als Faustformel für die Berechnung kannst du folgende Gleichung benutzen:
Trainingszeit = Bestzeit + 30%
Verhältnis von Be- zu Entlastung im Ausdauertraining
Um im richtigen Belastungsbereich zu trainieren, musst du für deine Spieler allersings auch die notwendige Erholungszeit einbauen. Machst du das nicht, werden die Läufe immer langsamer und gehen vom maximalen und submaximalen Bereich in den aeroben Bereich über! Das ist eine oft unterschätzte Gefahr und wird leider auch sehr häufig im Amateurbereich vernachlässigt.
Auch hier gebe ich dir eine Faustformel an die Hand, mit der du nichts falsch machen kannst:
Das richtige Verhältnis von Be- zu Entlastung bei Ausdauerläufen im Fussball ist 1:2 oder 1:3
Fussballspezifische Ausdauerläufe
Um den Ausdauerlauf so sportartspezifisch wie möglich zu gestalten, hast du zwei Möglichkeiten: Laufstrecke und Laufcharakter
Laufstrecke
Wenn du so nah wie möglich an der wirklichen Ausdauerbelastung im Fussball trainieren möchtest, solltest du die Strecke für deine jeweiligen Läufe an die Strecke anpassen, die deine Spieler während des Spiels zurücklegen.
Im Spiel finden zwischen 100 und 150 Sprints statt, während die Länge dieser stark variiert: Von 1-5 Meter über 10 Mter bis zu maximal 200 Meter. Die meisten Sprints sind eher kurz (zwischen 5 und 10 Meter). Grudsätzlich kann man sagen je länger die Strecke ist, desto seltener wird sie gesprintet. Die maximale Strecke sollte nicht länger als 200 Meter sein, da dies der maximalen Strecke entspricht, die im Spiel am Stück gesprintet werden muss – wobei 200 Meter die absolute Ausnahme sind und sich dein Training eher auf Strecken zwischen 10 und 120 fokussieren sollte.
Laufcharakter
Je näher du den Laufcharakter in deinem Ausdauertraining an den wirklichen Charakter der Läufe im Spiel anpasst, desto spezifischer wird dein Ausdauertraining. Konkret bedeutet das, dass du die vielen Richtungswechsel und häufiges Abbremsen und Loslaufen simulieren solltest, denn dies müssen deine Spieler im Spiel auch ständig leisten.
Die richtige (zeitliche) Länge eines Ausdauerlaufes
Wie bereits erwähnt zählt der Ausdauerlauf im Fussball zu den unbeliebtesten Trainingsinhalten für deine Spieler. Abgesehen von der physischen Belastung solltest du deshalb auch Rücksicht auf die psychische Belastung deines Ausdauertrainings auf deine Spieler nehmen.
Getreu dem Motto „in der Kürze liegt die Würze“ machst du dich bei deinen Spielern beliebter, wenn du es mit den Ausdauerläufen nicht übertreibst, sondern diese so kurz und gezielt wie möglich einsetzt. Außerdem muss ein Ausdauerläuf, wenn er richtig gemacht wird, nicht unbedingt lang sein.
Im richtigen Belastungsbereich ist ein 15-minütiger Lauf einem 60-minütigem Dauerlauf um Welten überlegen. Zusätzlich zum physischen Effekt erreichst du noch einen psychischen Effekt, indem du deinen Spielern vermittelst, dass Ausdauertraining im Fussball weder stupide sein muss, noch die gesamte Trainingseinheit dauern muss. Dadurch erhöhst du deine Trainingsbeteiligung und schaffst es gleichzeitig, ein unbeliebtes Thema ansprechender zu gestalten.
Beispiel eines effektiven Ausdauerlaufes im Fussball
Zu guter Letzt möchte ich dir die ganze Thematik mit dem Ausdauertraining im Fussball noch an einem Beispiel erläutern, denn so siehst du, wie du die ganze schöne Theorie in die Praxis umsetzen kannst.
Gehen wir die entscheidenden Punkte von diesem Lauf kurz durch:
- Der Ausdauerlauf besteht aus 3 Blöcken
- Die Laufstrecke wird von 20 Meter auf 50 Meter auf 120 Meter gesteigert und ist dadurch fussballspezifisch
- Durch die vielen kurzen Strecken zu Beginn müssen die Spieler oft und schnell Beschleunigen und Abbremsen und trainieren dadurch ihre Ausdauer fussballspezifisch
- Jeder Block (und jede Laufstrecke) hat eine individuelle Bestzeit. Beim ersten Block sind es 2,5 Sekunden
- Die Sprints sind durch die Vorgegebene Zeit im submaximalen Belastungsbereich
- Nach jedem Sprint findet eine Erholung statt, damit der nächste Sprint wieder im submaximalen Bereich sein kann
- Durch die vielen Wechsel zwischen Belastung und Erholung wird zusätzlich die Regenerationsfähigkeit trainiert
- Die Pause beträgt jeweils die 3-fache Zeit (Ratio Belastung – Entlastung 1:3)
- Nach jedem Block findet eine Zwischenpause statt, um für zusätzliche Entlastung zu sorgen
- Die Gesamtübungsdauer beträgt lediglich 21 Minuten
- In dieser Zeit werden allerdings 30 Sprints abverlangt, also ein Ausdauertraining mit hoher Intensität
Übrigens: Mehr kostenlose fussballspezifische Fitness-Einheiten gibt’s hier für dich.
Ich hoffe der Artikel hilft dir dabei, dein Ausdauertraining auf’s nächste Level zu bringen und deine Spieler zu besseren Fussballern (und nicht Dauerläufern) zu machen.
Wie immer freue ich mich über deine Fragen und Anregungen zu dieser Thematik. Schreib dazu einfach unten in die Kommentare!
Beste Grüße,
Alex Delpy
P.S. Mehr kostenlose fussballspezifische Fitness-Einheiten gibt’s hier für dich. Trage einfach deinen Namen und deine E-Mail-Adresse ein und ich schicke Sie dir gerne zu!
Wirklich erstaunlich wie sich der Fußball gewandelt hat, früher noch etwas Träge, gewinnt man heutzutage ohne vernünftiges Ausdauertraining keinen Blumentopf mehr. Es ist jedoch echt wichtig, dass fußball-spezifisch ist. Ich habe in meiner Jugend falsch trainiert und merke jetzt noch die Auswirkungen.
Hi Leopold,
da hast du (leider) Recht!
Woran denkst du liegt es, dass in der Jugend falsch trainiert wird (auch ich wurde falsch trainiert)?
Netter Artikel und interessante Aspekte.
leider, wie so oft ist dasgesamte Thema nur oberflächig behandelt worden.
Schon die Pulsangaben sind völlig falsch.
Jeder Mensch hat seinen eigenen Pulsbereich – abhängig vom Alter, Geschlecht, Tagesverfassung und noch weitere Faktoren.
Esist richtig, dass grundsätzlich sportartspezifisch trainiert werden soll – aber dieses kann erst gelingen, wenn eine gewisse Basis vorhanden ist. Vällig außer acht gelassen ist der Punkt des Laktats. Hier muss der Körper erst einmal lernen, dieses wieder während eines Spiels abzubauen – ansonsten nützt das ganze Sprinttraining nichts. Daher gilt – erst die Grundlagen schaffen (im unteren GA1-Bereich) dann im weiteren verlauf dr Vorbereitung die sportartspezifischen Einheiten ein und aufbauen – somit bekommt man sehr schnelle Spieler, die auch 90 Minuten durchspielen können.
Danke für dein Feedback Manfred!
Was passt denn deiner Meinung nach nicht bei den Pulsangaben?
Dass jeder Mensch seinen eigenen Pulsbereich hat, stimmt, aber das ist ja völlig egal. Denn jeder Mensch ist bei einem Sprint in einem sehr hohen Pulsbereich. Und das ist ja gerade etwas das GEGEN das Training in Pulsbereichen spricht.
Die Basis, wie du weiter schreibst, HAT jeder Fußballer bereits – außer er hat sich im Winter nicht aus dem Bett bewegt, was schlichtweg unmöglich ist. Auf dieser Basis mit aeroben Läufen (=Dauerläufe) aufzubauen, ist nicht sportartspezifisch und trainiert im falschen Belastungsbereich.
Und es bringt auch überhaupt nichts im Bereich des Laktats, wie du schreibst: 1. Der Körper muss NICHT lernen Laktat abzubauen, das kann er von Natur aus. 2. Training im aeroben Bereich verschiebt die Laktatschwelle. Das bedeutet, dass der Spieler schneller Laufen kann, ohne Laktat überhaupt erst anzuhäufen. Sobald ein Spieler aber Sprintet, ist er unweigerlich im anaeroben Bereich, egal wie viel Dauerläufe er gemacht hat, und häuft damit Laktat an. Damit der Spieler dieses Laktat nach den Sprints schneller abbauen kann, muss er in diesem Belastungsbereich trainieren: ANAEROB.
Deine Argumentation, wieso man mit Training im Grundlagenbereich sehr schnelle Spieler bekommt, die auch 90 Minuten durchspielen können, macht für mich überhaupt keinen Sinn. Die Spieler können dadurch 90 Minuten durchhalten, ja definitiv. Aber sie können deshalb die intensiven Phasen des Spiels (und das sind die entscheidenden Phasen!) nicht besser mitgehen und vor allem auch nicht öfter. Oder anders gesagt: Zu viel Training im Ausdauerbereich trainiert den Spieler dahingehend, dass er WENIGER intensive Aktionen im Spiel durchführt. Ist das dann zielführend für Fußball?
VG Alex Delpy
Guten Tag Alex,
macht es deiner Meinung nach Sinn den Dauerlauf in meiner Situation einmal pro Woche zu machen?
Ich habe jetzt ein Jahr lang neben dem zweimaligen Fußballtraining zusätzlich noch Intervall- bzw Sprintläufe gemacht. Sprinttechnisch bin ich fit würde ich sagen.
Ich habe mich jetzt in das Thema mit den Dauerläufen eingelesen und finde es doch sehr interessant. Meine HFmax ist bei 182. Bei einer Pace von 5min/km ist mein Puls bereits bei 160 (88%!!)
Das finde ich persönlich sehr bedenklich.
Ich würde das gerne mit den Dauerläufen nach unten korrigieren.
Sinnvoll oder nicht?
Vielen Dank für deine Hilfe!!
Liebe Grüße Sven
Hi Sven,
komplexe Thematik aber ich versuche mal Stück für Stück zu erklären:
Im Fußball hast du einen ständigen Wechsel von hohen und niedrigen Belastungen (z.B. Sprint, Pause, Zweikampf, Pause). Bei den hohen Belastungen hast du auch einen hohen Puls, denn du gehst ja oft Richtung Belastungsgrenze. Wenn du jetzt einen Dauerlauf machst, machst du etwas, für das du als Fußballer nicht trainiert bist, denn hier wechselt die Belastung nicht, sondern ist dauerhaft auf einem gleichbleibenden Niveau. Du bist aber für kurze hohe Belastungen trainiert und entsprechend ist dein Puls „zu hoch“.
Im Vergleich zu einem Dauerläufer hast du als Fußballer auch einen anderen Energieumsatz: Durch die hohen Belastungen und maximalen Ausführungen sind hauptsächlich deine FT-Fasern und Intermediärfasern aktiv, die Kohlenhydrate verstoffwechseln und Laktat produzieren. Ein Dauerläufer hat hauptsächlich ST-Fasern aktiv, die Kohlenhydrate und vor allem Fette verstoffwechseln und kein Laktat produzieren bzw nur so viel, wie gleich wieder abgebaut werden kann.
Dein „hoher Puls“ ist also nicht bedenklich, sondern zeigt, dass du kein Dauerläufer, sondern ein Fußballer bist.
Wird zusätzliches Training mit Dauerläufen deinen Puls für Dauerbelastungen senken? Ja!
Bringt dir das etwas für deine Leistung auf dem Fußballplatz? Eher weniger.
Was dir fußballspezifisch weiterhelfen kann wären Spielformen im extensiven Bereich, denn diese trainieren die fußballspezifische Ausdauer automatisch hervorragend: 6 vs. 6 – 8 vs. 8.
VG Alex