In diesem Beitrag wollen wir euch die Energiebereitstellungsmechanismen im Fußball etwas genauer darstellen. Dies ist vor allem für Trainer sehr wichtig zu wissen, um das Ausdauertraining an der wirklichen Belastung orientieren zu können. In der Vorbereitung sieht man viele Mannschaften oft bei Waldläufen oder langen Ausdauerläufen um den Platz. Dies ist weder ein besonders effektives Training, noch erreicht man damit die richtigen Stoffwechselmechanismen, wie wir euch in folgendem Beitrag erörtern werden.
Aerob vs. Anaerob – Energiebereitstellung im Fußball
Der menschliche Körper kann auf verschiedene Arten Energie bereitstellen. Ausschlaggebend für die Auswahl der optimalen Energiebereitstellungsmethode sind Intensität und Dauer der Belastung.
Im Fußball gibt es anaerobe und aerobe Energiegewinnungsprozesse.
Aerobe Energiegewinnung
Bei der aeroben Energiegewinnung werden Kohlenhydrate und Fette mit Hilfe von Sauerstoff „verbrannt“ und als Energie bereitgestellt. Zu Beginn werden hauptsächlich Kohlenhydrate verstoffwechselt, die diese als Glykogen in der Muskulatur gespeichert sind oder sogar noch in der Blutbahn zirkulieren und damit schneller verfügbar sind als Fette. Fette liefern zwar im direkten Vergleich mehr Energie, allerdings müssen diese erst aus den Fettdepots abgebaut werden. Darum werden immer erst Kohlenhydrate genutzt.
Anaerobe Energiegewinnung
Bei der aeroben Energiegewinnung fallen zudem keine leistungshemmenden Stoffwechselprodukte an. Sie ist die energetisch günstigste Art der Energiegewinnung und wird deshalb auch wann immer es möglich ist, benutzt. Leider dauert die Energiebereitstellung relativ lange und kann daher nicht für sehr intensive Belastungen (Sprints, Zweikämpfe, etc.) genutzt werden, da hier schnellstmöglich so viel Energie wie möglich bereitgestellt werden muss.
Energetische Betrachtung der Energiegewinnungsprozesse
Die anaerobe Energiegewinnung ist aus energetischer Sicht der aeroben nicht ebenbürtig. Hier muss der Körper großen Aufwand betreiben, um eine geringe Menge an Energie zu generieren. Außerdem fallen leistungshemmende Stoffwechselprodukte an: Milchsäure oder Laktat. Dieses führt dazu, dass die Muskulatur ab einem gewissen Punkt nicht mehr fähig ist zu arbeiten und man „einfach nicht mehr kann“.
Allerdings hat die anaerobe Energiegewinnung einen entscheidenden Vorteil: Die benötigte Energie ist sofort verfügbar. Und das ist das alles entscheidende Kriterium in den meisten Spielsportarten.
Grundsätzlich kann man sagen, dass der Anteil der anaeroben Energiegewinnung mit steigender Intensität zunimmt und mit Dauer der Belastung abnimmt. Je länger die Belastung anhält, desto weniger intensiv ist sie und desto mehr aerobe Prozesse finden statt. Wäre die Belastung zu intensiv, würde die Muskulatur Laktat anhäufen und relativ schnell die Arbeit einstellen.
Implikationen für den Fußball
Geht man nun von der Dauer eines Fußballspiels aus, kommt man unweigerlich zu der Annahme, dass die Energiegewinnung nur aerob sein kann, denn ansonsten würde kein Spiel bis zu dessen Ende gespielt werden. Das ist theoretisch richtig und auch für zyklische Sportarten (Laufen, Radfahren, etc.) zutreffend, allerdings nicht für Spielsportarten.
Spielsportarten sind geprägt von einem Auf und Ab an Aktionen, gleichbedeutend mit einem Auf und Ab an Belastung. Kurze, intensive Phasen (z.B. ein langer Sprint vom gegnerischen Tor zurück zum eigenen Tor bei einem Konter) wechseln sich mit kurzen Erholungsphasen ab, in denen man nicht aktiv am Spielgeschehen beteiligt ist. Die aerobe Energiebereitstellung ist also in einem ständigen Wechsel mit der anaeroben.
Je länger ein Spiel dauert, desto kürzer werden die Belastungs- und desto länger werden die Erholungsphasen. Auch das ist völlig normal, denn man hat ja bereits über einen längeren Zeitraum Laktat angesammelt. Wären Fußballspiele kürzer, wären sie intensiver; wenn sie länger wären, wären sie auch weniger intensiv. Das lässt sich generell festhalten, obwohl natürlich nicht jedes Spiel genauso intensiv wie das nächste ist.
Wir haben also herausgefunden, dass sowohl anaerobe als auch aerobe Prozesse entscheidend sind. Nun stellt sich die Frage, wie man diese optimal trainiert, um so viele intensive Phasen wie möglich abrufen zu können, diese über einen längeren Zeitraum abrufen zu können und sich gleichzeitig während der Erholungsphasen schneller regeneriert.
Training der richtigen Energiegewinnung im Fussball
Um die Stoffwechselprozesse optimal zu trainieren, empfiehlt es sich also das Ausdauertraining so zu gestalten, dass es die während des Spiels auftretenden Belastungen wiederspiegelt. Konkret bedeutet das, dass eine kurze, intensive Aktion, in der auf anaerobe Energiegewinnung umgestellt wird, von einer kurzen Erholungsphase abgewechselt werden sollte, in der aerob Energie gewonnen wird.
Für den Amateurbereich zu empfehlen ist ein Belastungs-Entlastungs-Verhältnis von 1:2 oder 1:3. Es sollte darauf geachtet werden, dass die Belastungszeit etwas unterhalb der persönlichen Bestzeit liegt. Auch die Länge der einzelnen Belastungseinheiten (im Normalfall Sprints) sollte sich an den realen Gegebenheiten orientieren. Der längste Sprint, den man während des Spiels vollziehen muss, ist meist nicht länger als der halbe Platz. Unter Umständen geht es auch mal über die gesamte Länge des Platzes. In der Vorbereitung können auch gerne Überdistanzläufe bis maximal 200 Meter mit eingebaut werden.
Keinesfalls aber sollte mit Läufen trainiert werden, die lediglich im aeroben Bereich stattfinden. Denn hier suggeriert man dem Körper, dass er sich an weniger intensive, dafür aber längere Belastungen anpassen muss, was, wie wir bereits gesehen haben, im modernen Fußball nicht der Fall ist. Wer also lediglich im aeroben Bereich trainiert (oder trainieren lässt), darf sich nicht wundern, wenn er (oder seine Spieler) in der Wettkampfsituation nicht die gewünschte Leistung abrufen können.
Wir hoffen euch mit diesem Beitrag über die wichtigsten Stoffwechselprozesse im Fußball einen Überblick über die Thematik verschafft zu haben, der euch nun bei jedem Waldlauf wieder in den Sinn kommt…
Die richtigen Übungen für’s Ausdauertraining gibt’s übrigens kostenlos hier.
Alex Delpy
Dem kann ich nur zustimmen! Es gibt nichts unsinnigeres für einen Fußballspieler als Waldläufe und 4x4min-Intervalle. Wer den Dauerlauf trainiert, der spielt auch so: zwar ständig in Bewegung aber immer zu langsam!
Das macht alles wirklich sinn. Während meiner Trainerausbildung habe ich das ganz anders gelernt… Hatte aber auch immer das Gefühl, dass diese Thematiken für meinen Ausbilder nicht relevant waren. Grundlagenausdauer, dann 4 Minuten Intervalle, dann 1000 Meter Läufe. Wenn ich recht darüber nachdenke hatte mein Ausbilder absolut keine Ahnung. Von den Begriffen aerob und anaerob hatte er bestimmt selbst noch nie gehört.
Naja, ich bin sehr froh, dass ich diesen Blog gefunden habe und endlich von Sportwissenschaftlern aus dem FUßball Hintergründe erklärt bekomme und nicht mehr von alteingesessenen Trainern, die ihren Schein in der Steinzeit gemacht haben!
Lieber Schweini,
da hast Du vollkommen Recht!
Leider liegt bei den Trainerausbildungen der Fokus auf dem Technisch/Taktisch und Spielerischen und das Physische kommt zu kurz.
Ich habe zwei Jahre an der Anderson University in den USA studiert und Fußball gespielt und kann Dir sagen, dass es dort genau andersrum ist 🙂
Wir bei FIDS dachten uns, dass es keine Hexerei ist, sowohl alles fußballerische als auch alles physische bestmöglich zu trainieren. Da alle Trainer in Deutschland (wahrscheinlich ganz Europa) technisch, taktisch und spielerisch sehr gut geschult sind, wollten wir gerne im physischen Bereich unterstützen.
Unsere Philosophie ist deshalb auch so stringent aufgebaut:
Wir übernehmen die Belastungssteuerung und die physischen Übungen in der VOrbereitung, während jeder Trainer Technik-, Taktik- und Spieleinheiten mit seinen eigenen Übungen füllen soll!
Liebe Grüße,
ALex vom FIDS-Team
Interessante und schlüssige Herleitung. Hört sich so an, als hätte das Hand und Fuß.
Jetzt würden mich nur noch spezielle Übungen dazu interessieren!
Grüße,
Mario B(asler)
Hallo Mario,
vielen Dank für Deinen Beitrag! Ich habe Dir soeben eine Beispielübung an Deine E-Mail-Adresse geschickt.
Liebe Grüße,
Alex vom FIDS-Team
Sehr interessant und hilfreich!
Zusätzlich wäre eine fußballgerechte Ernährung interessant, wenn man das irgendwie hinzufügen könnte.
LG
Schön, dass dir der Artikel gefällt!
Ich arbeite derzeit an einem Kochbuch für Fußballer inklusive Ernährungstipps, das voraussichtlich Ende des Jahres erscheint.
Welche Inhalte bezüglich Ernährung interessieren dich denn?
Alex